ApexLife

Blutdrucksenker: Warum der Zeitpunkt der Einnahme weniger wichtig ist als gedacht

Dr. Markus Lehmann

Eine neue Analyse verändert das Verständnis um Blutdrucksenker: Zählt wirklich, wann Medikamente eingenommen werden? Oder ist die Regelmäßigkeit ausschlaggebend? Aktuelle Studien liefern differenzierte Antworten, die Patienten, Ärzte und Apotheken gleichermaßen betreffen.

Erkenntnisse aus früheren Studien zur Einnahmezeit

Frühere Untersuchungen, darunter eine Studie mit rund 19.000 Bluthochdruck-Patienten, haben nahegelegt, dass die abendliche Einnahme von Blutdrucksenkern vorteilhaft sein kann. Ergebnisse zeigten eine Verbesserung der Blutdruckwerte und ein verringertes Risiko für schwere Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Für viele Betroffene und zahlreiche medizinische Fachkreise war dies jahrelang ein Anhaltspunkt für eine zeitlich gezielte Medikation.

Neuere Daten: TIME-Studie stellt bisherige Empfehlungen in Frage

Mit der TIME-Studie aus dem Jahr 2022 kamen jedoch neue, überraschende Erkenntnisse ans Licht. Die groß angelegte Untersuchung schloss mehr als 21.000 Patienten ein und verglich systematisch den Einfluss von morgendlicher und abendlicher Blutdrucksenker-Einnahme. Entscheidend: Der Einnahmezeitpunkt zeigte keinen messbaren Unterschied hinsichtlich der kardiovaskulären Prognose. Egal ob morgens oder abends – das Risiko für Komplikationen blieb gleich.

Bedeutung für Patienten: Flexibilität und Therapietreue im Fokus

Für Menschen mit Bluthochdruck bedeutet dies Entlastung und mehr Freiraum im Alltag. Wichtiger als die exakte Uhrzeit ist vielmehr, die Blutdrucksenker regelmäßig einzunehmen. Eine routinierte Einnahme fördert die sogenannte Therapietreue und trägt nachweislich dazu bei, den Blutdruck langfristig im Zielbereich zu halten. Das Risiko gefährlicher Folgeschäden nimmt so ab.

Empfehlungen durch die Fachgesellschaften

Führende medizinische Fachgesellschaften, wie die Deutsche Hochdruckliga, haben auf diese neuen Erkenntnisse reagiert: Sie raten zur Einnahme der Blutdrucksenker entweder morgens oder abends – entscheidend ist eine dauerhafte, tägliche Verabreichung. Ärzte beraten gemäß individuellen Tagesabläufen der Patienten und passen die Empfehlung auf persönliche Bedürfnisse an.

Chancen für Pharmaunternehmen und Apotheken

Auch für Pharmaunternehmen und Apotheken ergeben sich daraus Chancen für eine zeitgemäße Patientenbetreuung. Flexible Einnahmeempfehlungen erlauben individualisierte Beratung. Apotheken können Therapietreue fördern, indem sie Erinnerungshilfen anbieten oder digitale Serviceangebote – zum Beispiel Apps, die an die Medikation erinnern. Ebenfalls denkbar: Produkterweiterungen wie teilbare Tabletten oder Einzeldosierungen, die eine flexible Anwendung erleichtern.

Herausforderungen und Praxistipps für den Alltag

Die Umstellung auf einen individuell passenden Einnahmezeitpunkt bringt praktische Herausforderungen mit sich. Patienten sollten gemeinsam mit ihrem Arzt erörtern, welcher Tageszeitpunkt am besten zum persönlichen Lebensstil passt. Feste Verknüpfungen – wie die Tablette stets zum Zähneputzen – können helfen, die regelmäßige Einnahme nicht zu vergessen.

Zusammenfassung der Schlüsselargumente

- Die Wirkung von Blutdrucksenkern hängt nach aktuellem Wissensstand weniger von der Tageszeit als von der Konstanz der Einnahme ab.

- Moderne Studiendaten widerlegen ältere Annahmen zur Überlegenheit der abendlichen Medikation.

- Chancen für bessere Beratung und personalisierte Services durch Apotheker und Pharmaunternehmen.

- Praktische Alltagstipps fördern Therapietreue und langfristigen Therapieerfolg.

Fazit: Individuelle Anpassung steht im Mittelpunkt

Die innovative Forschung rückt die individuellen Bedürfnisse des Patienten ins Zentrum der Behandlung. Für die erfolgreiche Behandlung von Bluthochdruck zählt vor allem die Gewohnheit: Ob morgens oder abends – Blutdrucksenker entfalten ihre Wirkung am verlässlichsten, wenn sie täglich und regelmäßig eingenommen werden. Praxisorientierte Beratung kann die Lebensqualität von Betroffenen deutlich verbessern.

Quellen: Deutsche Hochdruckliga, TIME-Studie 2022, aktuelle Empfehlungen europäischer Fachgesellschaften.

ALLE ARTIKEL