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Mietkauf bei Bürgergeld: Sozialgericht Lüneburg schafft Klarheit für Unterkunftskosten

Andreas Vogel

Das Sozialgericht Lüneburg hat kürzlich ein bedeutsames Urteil gefällt: Das Jobcenter muss in bestimmten Fällen Mietkaufraten für Bürgergeld-Beziehende als Kosten der Unterkunft vorläufig weiter übernehmen. Dieses Urteil hat Folgen für Betroffene, Beratungsstellen und Unternehmen, die Mietkaufmodelle anbieten oder nutzen.

Im Zentrum der Entscheidung steht die vertragliche Ausgestaltung des Mietkaufmodells. Das Gericht stellte klar, dass nicht jede Mietkaufvereinbarung gleich behandelt werden kann.

Mietvertrag mit Kaufoption: Anerkennung als Unterkunftskosten

Wird ein reiner Mietvertrag mit einer späteren Kaufoption abgeschlossen, also ein Vertrag, bei dem zunächst nur gemietet und die Option für einen späteren Erwerb besteht, können die geleisteten Mietzahlungen wie normale Mietzahlungen als Kosten der Unterkunft gelten. Damit sind diese Zahlungen durch das Jobcenter zu übernehmen, solange noch kein Erwerb stattgefunden hat.

Kombination von Miet- und Kaufvertrag: Zahlungen als Kaufpreisabzahlung

Anders verhält es sich, wenn neben oder statt einer Mietvereinbarung ein verbindlicher, nicht mehr widerrufbarer Kaufvertrag geschlossen wird. In diesem Fall werden die regelmäßigen Zahlungen nicht mehr als Miete betrachtet, sondern als Abzahlung des vereinbarten Kaufpreises. Diese Form der Zahlung wird nicht mehr zu den Unterkunftskosten gerechnet. Das Gericht begründet dies damit, dass ab diesem Zeitpunkt ein Vermögensaufbau einsetzt und keine reine Wohnraumnutzung im Vordergrund steht.

Streitpunkt Vermögensaufbau: Gerichtliche Anordnung zur Weiterzahlung

Im verhandelten Fall hatte das Jobcenter die Zahlungen abgelehnt mit der Begründung, es handele sich um kapitalbildende Maßnahmen, die über die eigentliche Wohnraumnutzung hinausgingen. Nach Ansicht des Jobcenters war der Zweck des Bürgergeldes nicht, Eigentum aufzubauen. Das Sozialgericht Lüneburg widersprach dieser Sichtweise ausdrücklich und ordnete die vorläufige Weiterzahlung an. Das heißt, bis zur endgültigen Klärung muss das Jobcenter die Mietkaufraten für den Zeitraum weiter übernehmen, in dem noch keine verbindliche Kaufverpflichtung besteht.

Vertragliche Feinheiten entscheiden über Leistungsanspruch

Das Urteil macht deutlich, wie wichtig die genaue vertragliche Konstruktion für Bürgergeld-Beziehende ist. Entscheidend ist, ob der Mietvertrag tatsächlich lediglich eine Mietoption mit anschließend wählbarem Erwerb bietet, oder ob vertraglich bereits eine Kaufverpflichtung eingegangen wurde. Unternehmen, die Mietkaufmodelle anbieten, sollten die Übergänge zwischen Miete und Kauf sorgfältig voneinander trennen, um eine klare Zuordnung zu ermöglichen.

Empfehlungen für Unternehmen und Beratungsstellen

Für Beratungsstellen und Unternehmen ergeben sich aus dem Urteil konkrete Handlungsanweisungen

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Prüfung der Vertragsgestaltung:

Mietkaufverträge sollten daraufhin überprüft werden, ob sie eine echte Kaufoption oder eine verbindliche Kaufverpflichtung enthalten.

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Dokumentation der Zahlungsflüsse:

Es ist ratsam, im Vertrag klar zwischen Mietzahlungen und etwaigen Raten für einen Kauf zu unterscheiden.

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Rechtzeitige Information an Kund:innen:

Bürgergeld-Empfängerinnen und -Empfänger sollten über die Auswirkungen der vertraglichen Gestaltung auf ihre Leistungsansprüche informiert werden.

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Beratung bei Vertragsabschluss:

Eine rechtliche Beratung vor Vertragsunterzeichnung kann vermeiden, dass Leistungen verloren gehen.

Auswirkungen auf den lokalen Wohnungsmarkt und Anbieter

Das Urteil könnte den Trend zu Mietkaufmodellen vor allem im lokalen Raum beeinflussen. Das Urteil könnte den Trend zu Mietkaufmodellen vor allem im lokalen Raum beeinflussen. Anbieter von Wohnimmobilien können ihren Kund:innen nun mit mehr Sicherheit Mietkaufoptionen offerieren, solange die vertraglichen Grenzen beachtet werden. Für Bürgergeld-Beziehende bietet sich die Chance, flexibel zu wohnen und gegebenenfalls zu günstigen Bedingungen zu mieten, ohne dabei Risiken für die Leistungsgewährung beim Bezug von Kosten der Unterkunft einzugehen.

Beispiele und potentielle Rechtsunsicherheiten

Die Praxis zeigt, dass es häufig an klaren Grenzen zwischen Miet- und Kaufverpflichtung mangelt. Musterbeispiele aus der Sozialberatung machen deutlich, dass notariell beurkundete Kaufverträge mit anschließender Nutzung meist nicht mehr als Unterkunftskosten gelten. Lediglich die klassische Miete mit unverbindlicher Kaufoption bleibt weiterhin förderfähig. Unternehmen, die mit individuellen Vertragsmustern agieren, sollten hierfür auf rechtssichere Formulierungen achten und bei Unsicherheiten spezialisierten Rechtsrat einholen.

Das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg stellt die Weichen für eine differenzierte Betrachtung von Mietkaufmodellen im Bürgergeld-Bezug und stärkt die Position von Verbraucher:innen, die sich auf rechtssicher ausgearbeitete Mietmodelle verlassen möchten.

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